Schmidtpeter-Schneemann, Gina & Südmersen, Jennifer: Start-Up Samaja Marketing

Gina Schmidtpeter-Schneemann und Jennifer Südmersen im Gespräch mit Vera Wiehe über ihre Gründung Samaja Marketing

Ihr zwei habt im Team im September 2021 das Unternehmen Samaja Marketing gegründet.
Wofür steht Samaja Marketing?

Gina: Ich habe meine Wurzeln in Sri Lanka und Samaja ist ein singhalesisches Wort und bedeutet ´Social`. Wir fanden den Begriff passend, weil er einzigartig und zugleich simpel ist und widerspiegelt, was wir tun: Social Media Marketing.

Wie habt ihr beide euch gefunden und was ist das Einzigartige an eurer Unternehmung?

Jennifer: Wir haben uns bei unserem vorherigen Arbeitgeber kennengelernt. Dort waren wir beide als Social Media Managerinnen beschäftigt und für dieselben Marken zuständig, ich im Bereich Content Marketing und Gina im Bereich Kampagnen Marketing. Dort konnten wir feststellen, wo unsere Stärken liegen, und dass wir sehr gut miteinander harmonieren.

Gina: Wir wollten uns selbständig machen, um unsere Ziele und Ideen besser zu verwirklichen und unsere eigene Message nach draußen tragen zu können. Uns geht es darum zu zeigen, dass auch Gründerinnen erfolgreich sein können. Unseren Schwerpunkt setzen wir auf Industrie- und Handwerk, weil wir in diesen Bereichen großes Potential sehen. Wir bieten als Social Media Agentur ein Rundumpaket inklusive Kanalbetreuung. Wir haben von der Strategie bis zum Upload des Contents alles im Angebot. Die Kunden müssen lediglich bestätigen, was ihnen gefällt, alles andere erledigen wir, wenn es gewünscht wird.

Aber was ist das Einzigartige bei euch?

Gina: Das Thema Kanalbetreuung ist bei der Konkurrenz hier im Raum OWL tatsächlich kein Thema. In der Regel wird der Content produziert, aber die Kanalverwaltung dem Kunden überlassen.  Das ist quasi unser Alleinstellungsmerkmal. Außerdem sind wir durch unseren vorherigen Arbeitgeber sehr gut in der Influencer-Branche vernetzt und haben mit dem Influencer-Markting ausgewiesene Erfahrungen. Wir haben im Laufe der Jahre ein großes Netzwerk von Agenturen und Influencern aufbauen können, weil wir Kampagnen mit einer Reichweite im zweistelligen Millionenbereich gemanagt haben.

Wenn jemand das wünscht, können wir auf unser Portfolio an Agenturen zurückgreifen. Und wir haben sehr gute Branchenkenntnisse in den Bereichen Industrie und Handwerk. Ich habe vorher im Metallbau im Personalmarketing und Jenny in der Automobilbranche im Marketing gearbeitet. Wir wissen, wie diese Unternehmen funktionieren und können uns gut in unsere Kunden hineinversetzen.

Wir funktioniert Influencer Marketing?

Jennifer: Influencer Marketing bedeutet im Prinzip, dass man die sogenannten Influencer als Werbeköper für sein Unternehmen, seine Marke, seine Dienstleistung oder sein Produkt benutzt. Der Vorteil ist, dass Influencer eine sehr große Reichweite und damit einen großen Einfluss auf die Kaufentscheidung ihrer „Follower“ haben.  In der Regel vertrauen die „Follower“ ihren Influencern und deren Empfehlungen oder Bewertungen. Wenn ich als Unternehmen eine/n Influencer*in engagiere, um für mein Unternehmen zu werben, kann ich von deren Reichweite und Glaubwürdigkeit profitieren.

Wenn ich einen Sanitär-Heizungsbetrieb hätte und euch mit einem Influencer Marketing beauftragen würde, könntet ihr mir einen Influencer vermitteln?

Gina: Es gibt tatsächlich Influencer, die sich auf die Bereiche Handwerk und Industrie spezialisiert haben. Wir haben in der Vergangenheit mit einem Influencer zusammengearbeitet, der als Metallbauer YouTube für sich entdeckt hat. Er macht Handwerker-Content und nimmt dabei auf sehr sympathische Art die Branche auf die Schippe.  Wir sehen großes Potential insbesondere im Bereich Employer Branding. Statt einer einfachen Stellenanzeige können kleine Videos gedreht werden, mit denen den Followern gezeigt wird, warum ein bestimmter Beruf cool ist und Spaß macht, damit sich mehr Leute für diesen Beruf begeistern und eine Ausbildung oder eine Stelle in dem Bereich anstreben.

Jennifer: Die Kunst ist das „thinking outside the box“. Jeder mag gerne witzige Sprüche oder Videos, geschickt verpackt wird der Inhalt viel häufiger geklickt und mit „Gefällt mir“ versehen und geht im besten Fall auch viral.

Wie sieht eure berufliche Biografie aus?

Jennifer: Ich bin 30 Jahre alt und habe an der FHM (Fachhochschule des Mittelstands) hier in Bielefeld studiert und meinen Bachelor in Kommunikationsdesign und Werbung absolviert. Anschließend habe ich den Master in Crossmedia & Communication Management gemacht. Danach war ich in dem kleinen Unternehmen „Best Size“ in Lemgo im Rahmen einer Teilzeitstelle zuständig für den Webshop, die Contentpflege und den Aufbau der Social-Media-Kanäle. Von dort bin ich zuerst als Junior Marketing Managerin in die Gesundheitsbranche gewechselt, dann zu dem Automobilhändler „Beresa“ als Social Media Managerin. Dort habe ich nicht nur die Kanäle, sondern auch Influencer und Testimonials betreut. Ab 2019 war ich als Social Media Managerin bei „Triple A Internetshops“ für das gesamte Content Marketing zuständig und habe für verschiedene Marken sämtliche Kanäle betreut. Außerdem habe ich gemeinsam mit Gina große Influencer Kampagnen betreut.

Gina: Ich bin 29 Jahre, verheiratet und habe an der Universität Bielefeld im Bachelor Anglistik und Deutsch als Fremdsprache studiert. Anschließend habe ich im Master neben dem Hauptstudium Anglistik auch Marketing und BWL studiert. Neben dem Studium habe ich sehr viel gearbeitet. Meine erste Anstellung im Marketingbereich hatte ich als Event-Koordinatorin für einen großen Messebauer in Bielefeld. Ich habe diverse Praktika gemacht, z.B.  in einer PR-Agentur. Mit einem zweiten Standbein habe ich von 2016-2020 als Dozentin für Deutsch als Fremdsprache internationale Studierende, Doktoranden und Professoren an der Uni Bielefeld unterrichtet. Bei der Firma „Simonswerk“ in Rheda-Wiedenbrück war ich als Werkstudentin für den Bereich Personalmarketing zuständig. Anschließend 2019 kam ich zum E-Commerce Unternehmen „Triple A Internetshops“, in dem ich Jenny kennen gelernt habe. Ich war hauptsächlich für das Thema Kampagnen Management zuständig und habe Influencer und TV-Kampagnen gemanagt.

Es scheint mir, dass Social Media Bereich viele engagierte Frauen arbeiten, aber im Onlinemarketing die Männer dominieren. Woran liegt das?

Gina: Nach unserer Erfahrung gibt es viele weibliche Social-Media-Manager in den Unternehmen. Aber wenn man sich dann die Inhaber in der Branche anschaut, dann sind das fast immer Männer.

Jenny: Ich kann das nicht nachvollziehen, weil Frauen mindestens so viele Kompetenzen haben wie Männer. Vielleicht haben Frauen eher Angst in von Männern dominierten Branchen nicht ernstgenommen zu werden. Frauen müssen sich dort öfter durchboxen und auch schon mal Zähne zeigen und ein Agieren auf Augenhöhe einfordern. Ich glaube, dass schreckt einige ab.

Habt ihr persönlich Erfahrungen mit Diskriminierung im Rahmen eurer Gründung gemacht?

Jennifer: Im Rahmen der Gründung haben wir eher lobende und motivierende Worte gehört. Aber als Angestellte in der Automobilbranche mit der Mehrzahl an männlichen Kollegen hatte ich es als Frau des Öfteren schwieriger und musste meine Kompetenz behaupten.

Gina: Bei mir ist es ähnlich: Ich habe als Angestellte die Erfahrung gemacht, dass man als Frau nicht ernst genommen oder übergangen wurde. Jetzt im Rahmen der Gründung kann ich Jenny bestätigen. Wir haben sehr positives Feedback bekommen. Unsere Kompetenz wird anerkannt und wir werden als Gründerinnen begrüßt, weil wir das Thema jung und modern verkörpern.

Ihr habt eure Gründung gerade erst auf den Weg gebracht, habt ihr schon Kunden?

Ja, haben wir schon. Wir wollten die Gründung erst dann offiziell vollziehen, wenn bereits Aufträge auf dem Tisch liegen. Wir konnten schon ein Netzwerk aufbauen und Kunden akquirieren.

Wie schätzt ihr insgesamt die Chancen für Frauen in der Wirtschaft ein?

Jennifer: Ich halte es für wichtig, dass bereits kleine Mädchen lernen, dass sie alles werden können. Warum sind Mädchenzimmer noch immer rosa und Jungenzimmer blau?  Ich glaube, Mädchen wird von Anfang an eingeredet, dass Männer besser im technischen und mathematischen Bereich sind. Deshalb gibt es z.B. so wenige Frauen in Tech-Unternehmen.

Es muss ein Umdenken stattfinden, das ist ein langer Prozess. Schon in Schulen sollten Themen wie Handwerk oder IT stärker integriert werden und auch Frauen gezielt angesprochen werden. Auch in den Unternehmen sollten ihnen dazu Weiterbildungen angeboten werden. Ausprobieren und die eigenen, vielleicht verborgenen Stärken entdecken, das ist wichtig für junge Frauen.

Gina: Auch ich bin der Ansicht, dass wir ganz früh im privaten familiären Umfeld, aber auch auf institutioneller Ebene ansetzen müssen, um Chancengleichheit zu ermöglichen. Leider wird in der Schule nicht auf das Studium und an der Universität nicht auf den Beruf vorbereitet. Die Uni bildet Wissenschaftler*innen aus und bereitet nicht auf die Wirtschaft und auf das Unternehmertum vor. Es ist wichtig, in diesen Institutionen positive Vorbilder insbesondere für Frauen zu zeigen und ihnen die Möglichkeiten vor Augen zu führen.

Was sind eure Erfolgskriterien, wie definiert ihr Erfolg?

Gina:  Für mich ist es wichtig, dass ich immer einen Plan habe. Ich gehe sehr strukturiert und akribisch an alles heran, natürlich nicht starr und ohne Umwege, sondern auch unter der Prämisse, dass man auf dem Projektweg nachsteuern, Umwege gehen und etwas ändern muss. Mich zeichnet aus, dass man sich wirklich auf mich verlassen kann. Ich habe immer einen Plan und finde eine Lösung, wenn es Probleme gibt.

Jennifer: Meine Stärken sind zugleich meine Schwächen, weil ich empathisch und mit Leidenschaft dabei bin. Diese Eigenschaften wirken einerseits auf meine Mitmenschen positiv, weil ich offen bin und mich für mein Team und meine Partner einsetze. Andererseits bin ich auch manchmal etwas zu emotional und verliere mich dadurch in Details.  Gina und ich ergänzen uns daher sehr gut. Während Gina auf den Tisch hauen und direkte, ehrliche Ansagen machen kann, bin ich eher die „Vertrauenslehrerin“. Ich liebe es, mit Menschen zusammen zu arbeiten und neue Leute kennen zu lernen.
Außerdem bin ich sehr kreativ und habe ein gutes Auge für das Detail. Ich liebe es, die Social Media Feeds nachhaltig und ästhetisch zu gestalten.

Habt ihr ein Lebensmotto?

Jennifer:  Ich habe lange nach dem Motto gelebt: Was mich nicht umbringt, macht mich stärker. Selbst wenn man in einem Loch steckt, kann man sich aus eigener Kraft wieder rausziehen. Das passt zu meiner aktuellen Situation: Ich habe mir bei einem Reitunfall meinen Fuß sehr kompliziert gebrochen, was sich auf meine Mobilität und unsere Unternehmensgründung ausgewirkt hat.  

Gina: Mein Lebensmotto heißt: „Bereue keine Entscheidung, die du im Leben getroffen hast“.
Denn alle Entscheidungen haben dazu beigetragen, dass ich so bin, wie ich heute bin.
Negative Erfahrungen, die man macht, tragen dazu bei, dass man stärker wird.

Wie wichtig ist das Thema Netzwerke für euch?

Jennifer: Wir haben gute Kontakte, aber wir sind nicht in speziellen Unternehmensnetzwerken aktiv. Austausch zur Gründung haben wir in der Gruppe von Frauen, die wir in der Gründerinnen-Akademie des ´Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL` kennengelernt haben. Wir müssen noch schauen, welche Netzwerke für uns wichtig sind.

Welche Tipps habt ihr für Gründerinnen?

Gina:  Wenn man eine gute und gründungsfähige Idee hat ist es wichtig, sich zu informieren und Ansprechpartner für Beratung und Unterstützung zu finden. Gründerinnen sollten keine Angst vor Zahlen haben und direkt einen Business- und Finanzplan entwickeln. Auch wenn sich das Konzept nicht schnell realisieren lässt, ist es hilfreich, das Potential des Unternehmens zu erfassen. Wenn ein Plan umsetzbar ist, dann sollte man auch loslegen. Allerdings sollte man keine zu hohen Risiken eingehen, und statt viel Geld bei hohem Investitionsbedarf zu verbrennen, erstmal vorsichtig starten, vielleicht auch im Nebenerwerb. Man sollte es auf jeden Fall versuchen und Erfahrungen sammeln. Im besten Fall läuft es gut, im schlimmsten Fall fällt man nicht so tief.