Gute Führung ist weder weiblich noch männlich.
Entscheidend für gute Führung sind Gradlinigkeit, Glaubwürdigkeit und Empathie, davon ist Jennifer Erdmann überzeugt. Seit Februar 2017 ist sie Teil des Vorstandsteams der Sparkasse Bielefeld. Mit ihr steht erstmals eine Frau an der Spitze des ältesten Bielefelder Kreditinstituts.
Die 49-jährige Juristin hat ihre berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Deutschen Bank begonnen. Nach anschließendem Jurastudium wurde sie Mitarbeiterin der Prüfungsstelle des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe in Münster.
10 Jahre lang prüfte sie die Mitgliedssparkassen im Verbandsgebiet. Im Jahr 2011 wechselte Jennifer Erdmann als Abteilungsdirektorin für das Firmenkunden- und Baufinanzierungsgeschäft zur heutigen Sparkasse an der Lippe nach Lünen und wurde dort Verhinderungsvertreterin des Vorstands. „In den Markt zu wechseln, war die beste Entscheidung in meinem beruflichen Leben, weil mir das Arbeiten mit Menschen sehr viel Freude bereitet“, bewertet sie diesen Karriereschritt.
Heute ist die gebürtige Münsteranerin in ihrer Funktion als Marktvorstand für nahezu alle Vertriebseinheiten verantwortlich. Dazu gehören neben dem Firmenkundengeschäft, die private Baufinanzierung, das Immobiliengeschäft und die Vermögensberatung sowie das Private Banking.
Die kollegiale Zusammenarbeit mit den fast 1.000 Mitarbeitenden der Sparkasse ist ihr ebenso wichtig wie der persönliche Umgang mit den Kundinnen und Kunden. Durch die Corona-Kontaktbeschränkungen haben sich interne und externe Kommunikation allerdings extrem verändert. Persönliche Kontakte mit Mitarbeitenden und Besuche bei Unternehmen sind aktuell kaum möglich. Stattdessen wird die Kommunikation per Live-Stream oder mittels Video- und Onlinekonferenzen geführt, was sich zwar erfolgreich umsetzen lässt, aber den persönlichen Kontakt nicht ersetzen kann.
Um die Aufstiegschancen von Frauen in der Finanzwirtschaft zu verbessern, braucht es nach ihrer Auffassung keine Quote. Sie zieht Förderprogramme zur individuellen Stärkung von Frauen und betriebliche Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor. Dabei ist ihr bewusst, dass an eine Sparkasse als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut beim Thema „Förderung von Frauen in Führung“ besondere Erwartungen gerichtet werden. „Der Anteil weiblicher Führungskräfte liegt in unserem Haus bei rund einem Drittel. Wir bieten jungen, leistungsbereiten Kolleginnen viele Möglichkeiten und eine umfangreiche Unterstützung. Dazu gehört auch, in Einzelfällen Führung in Teilzeit zu ermöglichen,“ berichtet Jennifer Erdmann.
Mittlerweile ist in der gesamten Sparkassenorganisation mehr Bewegung in das Thema „Frauen in Führung“ gekommen und es ist zu beobachten, dass viele Sparkassen interessiert sind, Vorstandspositionen mit Frauen zu besetzen. Allerdings werden bislang sehr wenig Frauen für Vorstandsfunktionen qualifiziert. Da bestehe dringender Nachholbedarf.
Jennifer Erdmann hatte niemals Zweifel an ihren beruflichen Möglichkeiten und Kompetenzen. „Unterschiede zwischen Männern und Frauen wurden mir in meiner Kindheit und Jugend nie vorgelebt – im Gegenteil: ich hatte immer das Gefühl, genau dieselben Chancen zu haben wie meine männlichen Mitstreiter.“
Sie wollte schon immer eine Position innehaben, in der sie gestalten und etwas bewirken kann. Ihre Triebfeder ist die Freude an der Arbeit und die Erfüllung in dem, was sie tut. Als Basis für Erfolg sieht sie neben der Qualifikation die Bereitschaft, sich voll und ganz mit der Arbeit zu identifizieren. Dazu gehört es, offen und ehrlich zu sein und immer die Sache in den Vordergrund zu stellen – auch in schwierigen Situationen. „Ich bin relativ emotionslos, was Befindlichkeiten angeht und nehme wenig persönlich. Hilfreich ist es, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, sondern den Fokus immer auf die Sache zu richten und eine gewisse Leichtigkeit zu behalten.“
„Wer gut ist und den Ehrgeiz mitbringt, sich beruflich weiter zu qualifizieren und zu engagieren und das wirklich will, der wird auch in einer Branche im Wandel seinen Weg machen“, ist sie mit Blick auf die Kreditwirtschaft überzeugt. Ihr Tipp zum Erfolg für Einsteigerinnen: „Sich seiner selbst bewusst sein, sein Licht nicht unter den Scheffel stellen und dann mit aller Leidenschaft loslegen.“