O´Reilly, Sonja: SheDoesFuture, Coach Sonja

Foto: Jacqueline Nolting

Portrait

Sonja O´Reilly ist Gründerin von #SheDoesFuture, einer gemeinnützigen Organisation für außerschulische Bildung und Stärkung von Mädchen und jungen Frauen, sowie selbstständig in der Berufsberatung junger Menschen nach dem Schulabschluss. Bei #SheDoesFuture sollen junge Frauen gestärkt und vernetzt werden. Mit online und offline Kursen und Workshops, in denen die eigenen Stärken entdeckt und erweitert werden, „möchten wir Mädchen den Raum geben, unbefangen von Vergleichen und Urteilen, ihre Fähigkeiten auszuprobieren, sich selbst wahrzunehmen und ihre Interessen zu entwickeln.“ Mit Ziel: selbstbewusst, informiert und mit Kontakten in die eigene Zukunft nach der Schule zu starten.

Die diplomierte Betriebswirtin mit den Schwerpunkten Wirtschaftsprüfung und Marketing ist ausgebildete Persönlichkeitstrainerin, Ausbilderin und Hochschuldozentin und Buchautorin. Sie hat Berufserfahrung im In- und Ausland – drei Jahre davon in den USA erworben. Als Coach hat sie viele Studierende, Azubis, Mentees und Sportler/innen betreut und zahlreiche Menschen im beruflichen Veränderungsprozess begleitet. 2016 gründete sie, während ihrer ersten Elternzeit, ihre Berufsberatung  Coach Sonja, worunter auch ihr Ratgeber erschien. Der Ratgeber für die Zeit nach dem Schulabschluss „Los geht`s Leben“ mit Tipps und Tricks für den Start in die eigene Zukunft wurde 2018 veröffentlicht. In ihrer zweiten Elternzeit 2018 wagte sie mit #SheDoesFuture eine weitere Neu-Gründung. Daraus entwickelt sie aktuell gemeinsam mit Linn Kaßner-Dingersen eine Bildungsstätte für Mädchen und junge Frauen, welche von Bad Oeynhausen aus deutschlandweit online agiert und Mädchen aus dem gesamten Bundesgebiet zusammenbringt. Hier geht es schwerpunktmäßig um online- und offline Angebote der Berufsorientierung, der Vermittlung moderner Fähigkeiten und den Austausch mit Vorbildern bzw. Mentor:innen, die die Mädchen begleiten. Die tragfähige Entwicklung des neuen Projektes wird mit Unterstützung durch das Gründerstipendium NRW entwickelt.
 Sonja O´Reillys Engagement für das Empowerment von Mädchen wurde mittlerweile mit drei Preisen ausgezeichnet: #Shedoes-Future gewann Ende 2020 den Andreas Heiniger Award Herford für den ersten Onlinespace Deutschlands für Girls Empowerment sowie den Soroptimist Deutschland Preis 2021 für die gleichberechtigte Teilhabe von Mädchen und jungen Frauen. Des Weiteren erreichte das Team die Auszeichnung mit dem Heimatpreis der Stadt Bad Oeynhausen.

Für das Jahr 2021 wird neben dem Wachstum von #SheDoesFuture auch eine neue Bildungsstätte für junge Menschen ab 15 Jahren mit dem Schwerpunkt Berufsbildung in Bad Oeynhausen unter Sonja O´Reillys Leitung entstehen. Der Fokus dieser „Zukunftswerkstatt“ wird auf moderner Berufsorientierung und dem Zusammenbringen von Unternehmen und jungen Menschen liegen.

Sonja O´Reilly im Gespräch mit Vera Wiehe über ihre Gründungen, Erfolgsfaktoren und Kooperationen

 Sonja, du hast zwei Kinder und zwei Existenzen gegründet. Woher nimmst du diese Energie und was treibt dich an?

Ich habe immer schon gerne Dinge bewegt, Menschen ermutigt und Projekte auf die Beine gestellt und ich denke mal, es ist meine Aufgabe. Ich habe den Drang, Dinge zu schaffen und Probleme zu lösen. Nur weil noch niemand versucht hat, ein bestimmtes Problem zu lösen, bedeutet das nicht, das es keine Lösung gibt. Ich versuche anzupacken, wo ich ein Verbesserungspotential sehe.  Wir bei uns sehr intensiv damit, wie man Berufsorientierung und Persönlichkeitsentwicklung für junge Menschen neu denken kann. Ich bin eigentlich kein sehr politischer Mensch. Wenn man aber für eine bestimmte Sache einsteht, wird man als politisch Handelnde wahrgenommen.

Hast du Leitsätze, die dein Handeln bestimmen?

Ja, es gibt Grundsätze, die mein Handeln bestimmen und mich tragen:
Ich bin überzeugt, dass Dinge einfach oder leicht von der Hand gehen sollten. Mit einfach meine ich nicht, dass keine Arbeit investiert werden sollte. Ich glaube man spürt, wenn Dinge so in einander übergreifen, dass es sich richtig anfühlt. Wenn man in einem Gründungsprozess ständig über Hindernisse und Barrieren laufen muss und dauern schlaflose Nächte hat, dann laufen Dinge falsch und man muss gegensteuern.

Der zweite Grundsatz lautet:“ Ein Nein bedeutet kein Nein für immer – No for now doesn´t mean no for ever“.  Manchmal funktionieren Dinge jetzt nicht, weil die Zeit noch nicht reif ist.
Der Versuch es allen recht zu machen, wird nicht immer funktionieren. Am Ende des Tages ist es wichtig, bei sich zu bleiben und es sich selbst recht zu machen.

Was brauchst du, um erfolgreich sein zu können?

Der Erfolg startet zuhause, sage ich immer. Wichtige Voraussetzung ist, dass wir eine gerechte Arbeitsteilung haben und die Sorge- und Familienarbeit selbstverständlich teilen. Als Unternehmerin habe ich eine hohe strategische Belastung. Ich kann die notwendige Energie dazu nur aufbringen, wenn ich mir nicht ständig Gedanken um das Zuhause machen muss.

Für mich definiert sich Erfolg dadurch, die persönlichen Ziele zu erreichen.  Für mich persönlich bedeutet das, meine eigenen Fähigkeiten zum Maximum ausleben zu können, um damit für andere etwas zu bewegen. Ich glaube tatsächlich, dass für alle der Antrieb am Ende des Tages daraus resultiert, für andere oder mit anderen etwas zu schaffen. Ich denke der Fokus ist bei jedem anders, aber wir alle wollen mit unserer Arbeit, zu etwas Größerem beitragen, wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Ich will mir nicht mit 80 Jahren sagen, ich hätte noch viel mehr schaffen und mehr Menschen bewegen können. Das will ich jetzt machen.

Und wie gehst du mit dem Gegenteil mit Misserfolg um?

Ich habe mich sehr intensiv mit dem Thema Misserfolg beschäftigt und für mich festgestellt, dass ich keinen Misserfolg im Sinne von Scheitern erlebt habe. Oft haben wir einen Plan, eine subjektive Idee von Erfolg. Wenn sich dieser Plan nicht umsetzen lässt oder scheitert, kann sich das im Nachherein als wichtige Weichenstellung für einen anderen, richtigeren Weg herausstellen. Ich werde oft gefragt, was ich machen würde, wenn meine Projekte nicht klappen. Dann muss ich entweder die Strategie ändern oder die Idee war nicht gut. Das ist wäre ja eine neue Erkenntnis und insofern kein Misserfolg.

Ich durfte also immer an der richtigen Stelle etwas lernen und ändern und das war gut so. Ich mag es, das Leben auf diese Weise entspannt zu sehen.

Wie steuerst du deine Zeit und Energie?

Man muss von Anfang an Menschen einbinden, die helfen. Im privaten Bereich braucht man Unterstützer, die einem den Rücken freihalten. Das gilt auch für den Partner, der die Arbeit ernst nehmen muss. Es ist wichtig zu klären, dass die Selbständigkeit ein intensives Projekt ist, das das ganze Familienleben beeinflussen wird. Dazu gehört auch, dass die Kinder in diesem Projekt zuhause fühlen können. Außerdem ist es wichtig im professionellen Bereich von Anfang an delegieren zu lernen. Es besteht dennoch die Gefahr sich zu verrennen. Wenn ich für alle da bin und meine eigenen Sachen vernachlässige, komme ich in Stress. Es ist sehr wichtig Homeoffice und Ruhezeiten systematisch einzuplanen.

 SheDoes-Future zielt auf die Stärkung von jungen Frauen. Warum ist dir das so wichtig und wie setzt du das Konzept aktuell um?

Grundsätzlich stehe ich für die gute Berufsbildung junger Menschen beider Geschlechter.

Ich werde oft gefragt, warum ich zusätzlich dazu über #SheDoesFuture nur Angebote für junge Frauen mache. Ich glaube, dass Jungen genauso Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein benötigen, aber es gibt Phasen im Leben, in denen man sich gleich-geschlechtliche Vorbilder wünscht. Wir sind überzeugt, dass Mädchen gezielte Angebote benötigen um sie für den MINT-Bereich zu öffnen. Weiterhin gibt es weibliche Zielgruppen, wie zum Beispiel Frauen mit einer anderen Kultur, für die ein frauengeprägtes Umfeld zur Identitätsbildung wichtig ist.

Unser neu entstehendes Berufsbildungszentrum steht Männern und Frauen gleichermaßen zur Verfügung.

Für 2021 wollen wir bei #SheDoesFuture gern das Kursangebot ausweiten.
Unser Topkurs ‚Let‘s talk English` stößt auf großes Interesse. Da sind Mädchen im Alter von 13-19 Jahren aus ganz Deutschland dabei, die sich in der Schule nicht trauen zu sprechen oder Mädchen, die sich auf einen Auslandsaufenthalt vorbereiten. Sehr gut läuft auch unser Kreativkurs, der sich mit digitaler Bildbearbeitung, Grafikerstellung, Videoschnitt und Podcast befasst. Eine junge Kursleitung baut von Berlin aus unseren Selbstvertrauensclub auf, ein Netzwerk für junge Frauen ab 15 Jahren. Zweimal monatlich tritt eine Sprecherin auf, die sich die Mädchen selbst aussuchen. Diese Angebote wollen wir verstärkt bewerben.

Dann bieten wir die BizzClass und einen Finanzkurs, um wirtschaftliche Kenntnisse und den Umgang mit Geld zu vermitteln. Hierfür arbeiten wir mit FinMarie zusammen aus Berlin.  Wir bieten Yoga-Kurse auf Englisch und planen ein Angebot zu gesunder Ernährung. Und wir kooperieren mit der Hacker School aus Hamburg, die u.a. Programmierungskurse für Mädchen organisiert. Aktuell können wir rund 120 Mädchen im Monat mit unseren Angeboten online erreichen.

Eure Angebote finden Online und vor Ort statt und basieren auf Kooperationen, dazu ein Coworking Space, wie organisierst du das?

Ich bin überzeugt, dass man immer die richtigen Menschen findet, wenn man seine Ideen offen kommuniziert und mache sehr gute Erfahrungen. Als wir Räume für unsere Bildungsstätte suchten, haben wir eine riesige Fläche angeboten bekommen.  Wir haben uns dafür entschieden, bauen darin nun unsere Bildungsstätte auf und werden die weiteren Flächen als Coworking-Räume vermieten. Wir haben bereits Interessenten dafür. Wir entwickeln ein Konzept, um die Unternehmen und junge Menschen im Coworking Space mit der Bildungsstätte zum gegenseitigen Nutzen zu verbinden und in den Austausch zu bringen. Das hilft beiden Seiten.

Was sind deine Erfolgstipps für Gründerinnen?

Wichtig ist es, nicht alles allein zu machen. Man benötigt zumindest eine/n Mentor/in an der Seite, der/die ermutigt durchzuhalten und rät an bestimmten Stellschrauben zu drehen. Und man muss Ausdauer mitbringen, durchhalten und die Geschäftsidee immer wieder anpassen. Es dauert in der Regel mehrere Jahre, bis sich der Erfolg einstellt.

Außerdem muss man sich sehr bewusst über die Kompetenzen seines Unternehmens sein und darf sich dabei nicht selbst überschätzen. Man muss genauso wissen, welche Kompetenzen man nicht hat. Man muss seine Zahlen verstehen, das ist genauso wichtig wie das Marketing. Auch wenn man für Buchhaltung oder Steuern Experten einsetzt, muss man die Ergebnisse interpretieren können: man muss selbst verstehen, was man da überhaupt macht. Und dabei das Wichtigste nie aus dem Blick zu verlieren: Warum und für wen.

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